Fehlersuche oder Schuldzuweisung: Wie Sprache unsere Fehlerkultur sabotiert
- Nicole Gerecht
- 27. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Natürlich müssen Fehler erkannt werden.
Natürlich braucht es Analyse und Verantwortung.
Aber: Fehlersuche ist nicht dasselbe wie Schuldzuweisung. Der Unterschied liegt, wie so oft, in der Sprache.
Und Sprache ist nicht neutral. Sie erzeugt Denkrahmen. Sie prägt, was gesagt werden kann und was nicht.
Was Sprache auslöst und verhindert
Sätze wie:
„Wer hat das denn entschieden?“
„Warum wurde das nicht früher gesehen?“
„Hast du das nicht überprüft?“
…klingen harmlos.
Aber sie erzeugen sofort eine Positionierung:
→ Verteidigung statt Reflexion
→ Rechtfertigung statt Lernen
→ Misstrauen statt Verantwortung
So entsteht das, was ich „Deckungskultur“ nenne: eine Organisation, in der alle vorsorgen, aber niemand vorangeht. Kommunikation wird zur Absicherung, Dokumentation zum Selbstschutz. Verantwortung wird delegiert, nicht getragen. Und das System bleibt stabil, auf Kosten von Entwicklung.
Fehlerkultur beginnt nicht mit Toleranz. Sondern mit sprachlicher Verantwortung.
Ich lade an dieser Stelle gern ein:
"Was können wir daraus mitnehmen? Was können wir konkret künftig verändern?"
Mir ist es wichtig einen Raum zu schaffen, in dem Verantwortung möglich wird
ohne dass sie sofort in Schuld kippt.

Verantwortung ohne Schuld: geht das?
Ja, aber es braucht Klarheit:
Verantwortung ist rückwärtsgerichtet UND vorwärtsgewandt.
Sie fragt: Was war mein Anteil und was mache ich jetzt besser?
Schuld ist meist starr. Verantwortung ist gestaltbar.
Schuld ist ein Endpunkt. Verantwortung ein Prozess.
Fehler dürfen sichtbar werden, ohne dass Menschen sichtbar gemacht werden.
Nicht jede Abweichung braucht ein Gesicht, manchmal reicht ein Muster.
Fazit
Eine gute Fehlerkultur erkennt man nicht an der Zahl der Retrospektiven. Sondern daran, ob man offen sprechen kann, bevor etwas schiefgeht.
Sprache ist auch hier eine Art Frühindikator. Wenn deine Meetings sich mehr wie Gerichtsverhandlungen anfühlen, dann stimmt etwas im System nicht.
Fehler sind unvermeidlich. Aber Schuld ist oft: gemacht.
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